Samstag, 12. November 2011

Der etwas andere Stadtspaziergang am Abend

Am Donnerstag hatte die Initiative „Eine Stunde für den Frieden“ unter Leitung von Reinhold Schäfer zu einem interreligiösen Stadtspaziergang durch Offenbach mit 4 Stationen eingeladen.

Startpunkt um 18 Uhr war die Kath. Pfarrkirche St. Marien am Mathildenplatz. Wir erfahren von Pfarrer Hans Blamm einiges über den in den Farben braun, altrosa, weiß und gold gehaltenen neobarocken Kirchenbau, den in den Kirchenfenstern dargestellten Rosenkranzgeheimnissen sowie über das tiefste und schwerste Geläut im Bistum Mainz. Wer hätte das gedacht! Erwähnenswert ist auch noch, dass in dieser Kirche Pfarrer Berhard Grein, der die Kirche ins Leben gerufen hat, seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Wir singen gemeinsam noch ein Lied, wie es uns auch für alle folgenden Glaubensorte angekündigt wird, und ziehen weiter.

Die nächste Station stellt die  Yavuz-Selim-Moschee in der Bleichstraße dar, die man erst entdeckt, wenn man fast vor ihrem Eingang steht und die 1981 von einer Werkstatthalle zur Moschee umfunktioniert wurde. Hier heißt es Schuhe ausziehen und sich auf den mit Teppich ausgelegten Boden zu setzen. Wir warten noch das Abendgebet ab, bevor wir in die dort üblichen Riten eingeweiht werden. Gebetet wird fünfmal am Tag gen Mekka, das gehört zur Pflicht. Bilder sind in der Gemeinde verboten, Suren, Schriftzitate und Ornamente schmücken den Raum neben kunstvollen Fliesen und der aufwendig gestaltete Gebetsnische und Kanzel. Am Ende hören wir noch eine Sure, also einen Abschnitt aus dem Koran, bevor wir diesen besonderen Ort verlassen.


 
Der dritte Ort des Glaubens bildet die Evangelische Stadtkirche in der Herrnstraße gegenüber vom Rathaus. Auch außerhalb der Gottesdienstzeiten hat diese Kirche stundenweise geöffnet und bietet den Offenbachern einiges an offener Stadtkirchenarbeit. In der evangelischen Kirche ist nur das Wort heilig, nicht die Bibel an sich. Besonders zu erwähnen ist das von Prof. Höfer kunstvolle Kirchenfenster hinter dem Altar, die Taufschale sowie eindrucksvolle Gemälde an den Seitenwänden. Nach dem musikalischen Ausklang suchen wir die vierte Station auf:

Die Synagoge der jüdischen Gemeinde in der Kaiserstraße ist den meisten Stadtspaziergängern nicht so geläufig ist. Die Männer müssen hier eine Kopfbedeckung tragen, um sich an ihren Glauben zu erinnern, die Frauen tragen den Glauben im Herzen und bedürfen dieser Symbolhandlung somit nicht. Männer und Frauen sitzen in Synagogen getrennt, hier die Männer unten und die Frauen oben.  Beeindruckend ist der Toraschrein; im Zentrum des Raums steht ein großer Pult für die Toralesung. Jede Tora-Rolle enthält alle 5 Bücher Moses, per Hand mit einem Gänsekiel auf Pergament geschrieben mit einem Wert ab 30.000 €. Nach jüdischem Gesetz kann man sein Judentum nicht einfach ablegen, man bleibt ein Leben lang Jude.

Nach knapp 2 ½ Stunden beschließen wir den interreligiösen Spaziergang mit dem Lied „hevenu shalom alechem“ – „wir bringen Frieden für alle“, was uns zufrieden den Heimweg antreten lässt. In der Broschüre „Orte des Glaubens“, einer lebendigen Topographie der Religionen, können wir zu Hause nochmals die begangenen Stationen nachlesen und evtl. neugierig auf weitere religiöse Orte, Gebäude und deren Bedeutung werden. Es lohnt sich!



de + basimue

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