Ausflüge mit den Lehrern 2
Ein
anderes Mal besuchten wir den Zirkus „Sarrasani“ in Frankfurt. Wir
gingen zu Fuß nach Bürgel und fuhren von dort mit der Straßenbahn der
Linie 27 nach Offenbach. An der Ecke Karlstraße/Frankfurter Str. stiegen
wir um in die Linie 16. die vom alten Friedhof kam. Dort war die
Endhaltestelle der 16. Der Zirkus war ein tolles Erlebnis für uns
Rumpenheimer Kinder. Die vielen wilden Tiere, die Seiltänzer und zum
ersten Mal sah ich Diabolo-Spieler. Sie beeindruckten mich am meisten
mit ihren Kunststücken.
Sonst
kann ich mich nicht an „größere“ Ausflüge in meiner Kindheit erinnern.
Ab und zu machten wir aber kleine Fahrradtouren. Leider konnten nicht
alle Schüler daran teilnehmen, denn zu dieser Zeit hatte nicht jede
Familie ein Fahrrad zur Verfügung. Einmal fuhren wir bis nach
Dietzenbach. Von dort kam unser Lehrer Knecht (er war nicht unbedingt
mein Lieblings-Lehrer!). Seine Eltern hatten dort einen Bauernhof,
Lehrer Knecht hatte sehr viele Geschwister.
Einmal
fuhren wir auch zur „Käsmühle“, deren Mühlrad von einem kleinen Bach
angetrieben wurde. Wir durften im Wald ringsum spielen, aßen unser
Pausenbrot und fuhren dann wieder zurück.
Wenn es im Sommer sehr heiß war, schrieben wir folgendes an die große Tafel:
„Der
Himmel ist blau, das Wetter ist schön, Herr Lehrer wir wollen spazieren
geh´n. Lieber im Wald schwitzen, als in der Schule auf den harten
Bänken sitzen!“
Das konnten wir uns aber nur „beim Knecht“ erlauben. Tatsächlich erfüllte er uns auch ab und zu diesen Wunsch.
Eines
Tages sollten alle Kinder aufstehen, deren Väter arbeitslos waren und
es gab damals vor dem Krieg viele Arbeitslose. Auch ich war dabei. Wir
wurden in die Breite Straße in eine Gastwirtschaft geschickt und
erhielten je zwei Laibe Brot und eine Tüte Mehl. Freudestrahlend trug
ich das Geschenkte nach Hause. Aber oh weh, mein Vater wurde sehr wütend
und verbat mir noch einmal dorthin zu gehen. Er sagte, er könne seine
Familie selbst ernähren und brauche keine Nazis dazu.
Ich wusste damals noch nicht, um was es überhaupt ging. Mein Vater aber hat seine Meinung bis zum Kriegsende nicht geändert.
Zeitzeugin Jahrgang 22
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