Mittwoch, 17. August 2011

Das Dauerkränzchen

Karl W., nennen wir ihn Karlchen, war zwar nicht mit besonderer Schlauheit gesegnet, er lispelte auch etwas, war aber ansonsten  ein listiger  Mensch.
Beerdigungen hatten es ihm angetan, die gut angezogenen Trauergäste und die entsprechenden  Zeremonien gefielen ihm außerordentlich gut. War er bei guten Bekannten oder sogar Verwandten als Trauergast eingeladen, freute er sich besonders auf den nachfolgenden Leichenschmauß. Er dachte sich, das wäre nicht schlecht, die Sache etwas ausgedehnter zu handhaben.  Er ließ sich daher bei einer Offenbacher Gärtnerei einen schönen Dauerkranz anfertigen, studierte ausführlich die entsprechenden Todesanzeigen in der Offenbach-Post und begab sich rechtzeitig mit seinem Dauerkränzchen in die entsprechende Trauerhalle. Am Grab konnte er herzerweichend weinen und pries den, oder die Verstorbene in den höchsten Tönen und konnte sich vor lauter Schmerz gar nicht mehr fangen. Die Hinterbliebenden waren sich nicht ganz sicher, was Karlchen mit dem Toten zu tun hatte, sie dachten sich aber, bevor wir hier einen Fehler machen, laden wir den Mann zum nachfolgenden Leichenschmauß ein. Da Karlchen bei der Trauerfeier genau aufgepasst hatte, wußte er natürlich einiges was dort über den Verstorbenen gesagt wurde und konnte es so geschickt unter die Leute bringen. War das Festmahl beendet, eilte er schnellstens zum Friedhof, nahm den Kranz wieder an sich, denn der wurde ja für die nächste Beerdigung dringend benötigt Karlchen lebt nicht mehr, aber vielleicht deckt das Dauerkränzchen sein Grab.
Eine wahre Geschichte, geschrieben von jochen

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