Montag, 28. Juli 2014

Markante Bauwerke in Offenbach / Das Zweigestirn AOK-„Schnapspalast“ (1)


Text: de; Bilder: de und basimue
Eine weitere Veranstaltung im Rahmen der Tage der Industriekultur Rhein-Main steht unter dem Siegel „Architektur“ und fokussiert zwei dicht beieinander gelegene markante Bauwerke aus unterschiedlichen Zeiten, jedes für sich hochmodern zu seiner Zeit: Der Bau der Allgemeinen Ortskrankenkasse (Baujahr 1930) und das Gebäude der Allgemeine Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (Baujahr 1952).



Startpunkt ist der Schulhof, der Albert Schweitzer Schule (Baujahr 1908), ein ebenso imposanter Bau nach der Jahrhundertwende und somit schöner Vergleich bzgl. der Baustile zu den beiden noch folgenden Bauwerken. Mit gut 30 Interessenten war der Ortstermin, geführt durch die Kunsthistorikerin Christina Uslular-Thiele, gut besucht.



Die Allgemeine Ortskrankenkasse, AOK, war zunächst noch in gemieteten Räumen beherbergt, bevor sie 1925 zur besseren Betreuung der Versicherung ein eigenes Verwaltungsgebäude plante und hierfür das Grundstück an der Waldstraße kauft. Auf Grund der Inflation gestaltete sich die Finanzierung des Neubaus nicht gerade einfach, aber dennoch wurde das Vorhaben angegangen.



Maßgabe für den Entwurf war, dass das neue Gebäude zwar repräsentativ, aber nicht opulent wirken sollte. Dieser Spagat rief natürlich immer wieder die Kritiker in
den Ring. Der rote Klinkerbau der sogenannten „Neuen Sachlichkeit“, später als Bauhausstil berühmt, gehorchte der Prämisse: Vorrangig ist die Funktion, alles Überflüssige gilt es wegzulassen. So ist die Fassade von großer Schlichtheit geprägt, einzige Unterbrechungen bilden die große Fenster und eine Dacherhebung. Besonders modern für diese Zeit war das flache Dach.



Das neue Verwaltungsgebäude der AOK, der Wirtschaftskrise trotzend, damals modern und wartungsfrei, steht heute unter Denkmalschutz, wodurch einige geplante Veränderungen auch nicht umgesetzt werden konnten.


Der Architekt Hugo Eberhardt, der 1907 Direktor der technischen Lehranstalt (heute HfG) wurde, hat neben dem AOK-Gebäude auch das der HfG und viele Frankfurter und Eschborner Schulen gebaut. Als zweiten großen Auftrag realisierte er Wohnblocks für kleines Einkommen an der Waldstraße, die sogenannten „Holzmannblocks“. Auch diese unspektakulären Wohnbauten in drei  Reihen folgen augenscheinlich dem Grundsatz der Sachlichkeit und Schlichtheit und umfassen insgesamt 230 Wohnungen.
 

Neben der Schalterhalle umfasste der Verwaltungsbau umfangreiche Räume für Heilbehandlung vor Ort. So gelangte man mit Eingang vom Friedrichsring zu Wannenbädern, Lichtbädern und einer Zahnklinik. Natürlich stieß auch dieses Vorhaben bei den niedergelassenen Ärzten  auf Gegenwehr. Die nationalsozialistische Gesundheitspolitik schränkte zunehmend die Eigenständigkeit der Ortskassen ein, sodass einige Pläne nicht realisiert wurden. Der  Bäderbereich wurde verpachtet und hatte als „Römerbad“ noch bis in 80er Jahre Bestand. 1945 beschlagnahmte dann die amerikanische Militärverwaltung das Gebäude und nutze es zur Briefzensur. Bis 1952 hatte schließlich das Verkehrsministerium dort seinen Sitz, bevor das Gebäude der AOK wieder zurückgegeben wurde. Außer dem Treppenhaus ist allerdings von der ursprünglichen Inneneinrichtung aus der damaligen Zeit nichts mehr übrig.

Und Morgen kommt der "Schnapspalast"...

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