Text: de; Bilder: de und basimue
Eine weitere Veranstaltung im Rahmen der Tage der Industriekultur
Rhein-Main steht unter dem Siegel „Architektur“ und fokussiert zwei dicht
beieinander gelegene markante Bauwerke aus unterschiedlichen Zeiten, jedes für
sich hochmodern zu seiner Zeit: Der Bau der Allgemeinen Ortskrankenkasse
(Baujahr 1930) und das Gebäude der Allgemeine Bundesmonopolverwaltung für
Branntwein (Baujahr 1952).
Startpunkt ist der Schulhof, der Albert Schweitzer Schule (Baujahr
1908), ein ebenso imposanter Bau nach der Jahrhundertwende und somit schöner
Vergleich bzgl. der Baustile zu den beiden noch folgenden Bauwerken. Mit gut 30
Interessenten war der Ortstermin, geführt durch die Kunsthistorikerin Christina
Uslular-Thiele, gut besucht.
Die Allgemeine Ortskrankenkasse, AOK, war zunächst noch in gemieteten
Räumen beherbergt, bevor sie 1925 zur besseren Betreuung der Versicherung ein
eigenes Verwaltungsgebäude plante und hierfür das Grundstück an der Waldstraße
kauft. Auf Grund der Inflation gestaltete sich die Finanzierung des Neubaus
nicht gerade einfach, aber dennoch wurde das Vorhaben angegangen.
Maßgabe für den Entwurf war, dass das neue Gebäude zwar repräsentativ,
aber nicht opulent wirken sollte. Dieser Spagat rief natürlich immer wieder die
Kritiker in
den Ring. Der rote Klinkerbau der sogenannten „Neuen Sachlichkeit“,
später als Bauhausstil berühmt, gehorchte der Prämisse: Vorrangig ist die
Funktion, alles Überflüssige gilt es wegzulassen. So ist die Fassade von großer
Schlichtheit geprägt, einzige Unterbrechungen bilden die große Fenster und eine
Dacherhebung. Besonders modern für diese Zeit war das flache Dach.
Das neue Verwaltungsgebäude der AOK, der Wirtschaftskrise trotzend,
damals modern und wartungsfrei, steht heute unter Denkmalschutz, wodurch einige
geplante Veränderungen auch nicht umgesetzt werden konnten.
Neben der Schalterhalle umfasste der Verwaltungsbau umfangreiche Räume
für Heilbehandlung vor Ort. So gelangte man mit Eingang vom Friedrichsring zu
Wannenbädern, Lichtbädern und einer Zahnklinik. Natürlich stieß auch dieses
Vorhaben bei den niedergelassenen Ärzten
auf Gegenwehr. Die nationalsozialistische Gesundheitspolitik schränkte
zunehmend die Eigenständigkeit der Ortskassen ein, sodass einige Pläne nicht realisiert
wurden. Der Bäderbereich wurde
verpachtet und hatte als „Römerbad“ noch bis in 80er Jahre Bestand. 1945
beschlagnahmte dann die amerikanische Militärverwaltung das Gebäude und nutze
es zur Briefzensur. Bis 1952 hatte schließlich das Verkehrsministerium dort
seinen Sitz, bevor das Gebäude der AOK wieder zurückgegeben wurde. Außer dem
Treppenhaus ist allerdings von der ursprünglichen Inneneinrichtung aus der
damaligen Zeit nichts mehr übrig.
Und Morgen kommt der "Schnapspalast"...
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