Sonntag, 8. April 2012

Rumpenheim vor 1942 (11)


1942 verlor Rumpenheim seine Selbständigkeit und wurde eingemeindet. Eine in Rumpenheim geborene Zeitzeugin, geboren 1922, erzählt hier in loser Reihenfolge von ihrer Kindheit in diesem schönen eigenständigen Dorf:

Osterüberraschungen in unserem Garten

Für den Osterhasen bauten wir jedes Jahr auf unserem Rasen (die Rasenfläche war nicht groß, da wir den Garten ja zum Anbau von Gemüse und Salate nutzten) kleine Nestchen. Unser Vater schnitzte uns gleichlange Stöckchen dafür. Wir schlugen die Stöckchen mit einem Hammer in den Boden, so dass ein kreisförmiges Nest entstand. Der Kreis hatte eine Öffnung und einen ca. 15 cm langen Eingang, ebenfalls mit Stöckchen gesteckt. Nun mussten wir unser Osternest noch gut auspolstern. Am Karfreitag oder -Samstag fuhren wir mit unseren Fahrrädern in das nahe Wäldchen zwischen Rumpenheim und Mühlheim und suchten uns schönes grünes Moos. Damit legten wir unsere „Kunstwerke“ aus. Natürlich waren wir sehr gespannt, was der Osterhase uns wohl bringen würde. Immer fanden wir einen Osterhasen im Nest und natürlich gefärbte Eier. Außerdem gab es meist eine Extraüberraschung für uns. Einmal bekamen wir Porzellaneier, die man öffnen konnte. Darin war ein silbernes Kettchen mit einem Kreuz mit kleinen Steinchen darauf. Ich bekam ein blaues Ei, meine Schwester ein rotes. Unsere Eltern ließen sich jedes Jahr etwas  Schönes für uns einfallen, trotz der knappen Haushaltskasse. In einem Jahr, ich kann mich nicht mehr erinnern wie alt wir waren, muss meine Schwester mal sehr „unartig“ gewesen sein. Papa sagte damals nur, der Osterhase werde sich ihr Verhalten bestimmt merken.
Und tatsächlich, am Ostermorgen, als wir in den Garten rannten, lag im Nest meiner Schwester nur ein großer Stein. Sie stand davor und sagte keinen Ton, sie weinte auch nicht.
Am Nachmittag desselben Tages bekam sie doch noch ein kleines Geschenk, nachdem unsere Eltern sie noch einmal ernsthaft ermahnt hatten.
Verstecktes Eiersuchen gab es bei uns zu Hause nicht. Dafür aber bei Oma und Opa im Garten. Das war natürlich immer sehr spannend, denn meine Großeltern hatten ja so viele Enkelkinder und jeder wollte den besten Fund machen. Natürlich durfte es nicht regnen, denn sonst fiel der Spaß leider aus.
Einmal bekam ich einen großen roten Zuckerosterhasen mit einem Rucksäckchen gefüllt mit kleinen Eiern. Er war so schön. Ich brachte es einfach nicht über das Herz, ihn aufzuessen, er tat mir zu leid. Ein ganzes Jahr hob ich ihn hinter der Glasscheibe des Wohnzimmerschrankes auf. Dann war er einfach fort, wahrscheinlich heimlich entsorgt. 

Zeitzeugin Jahrgang 22 

1 Kommentar:

  1. Ein feiner Artikel. Ostern heutzutage ist vom Konsumrausch eingeholt worden, schade eigentlich!

    Dir und den Deinen ein schönes Osterfest. LG Jürgen

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